Jedes System weiß, was es braucht - ein Erfahrungsbericht über Aufstellungsarbeit

Organisationsentwicklung, Aufstellungen

 

Vor ein paar Monaten bat uns ein Kunde um Unterstützung und Veränderungsbegleitung. Die Führungskräfte befürchteten ein 2-Jahresprojekt, man wolle die Dinge jetzt grundsätzlich angehen und sich Zeit nehmen, weil der Schmerz bei allen Beteiligten doch sehr groß sei und sich bereits hohe Auswirkungen auf die Unternehmenskultur (schlechte Stimmung etc.) und Performance zeigten. Was war passiert?

In einem ersten ausführlichen Gespräch stellte sich eine große Ratlosigkeit heraus. Man habe in den vergangenen Jahren analysiert, Konzepte entwickelt und umgesetzt, Abteilungen und Prozesse verändert, viel investiert, den Führungskräften viel zugemutet und den Mitarbeitern auch und zum Dank sind jetzt alle frustriert und unzufrieden.

Wenn komplexe organisatorische und menschliche Herausforderungen zusammenkommen, arbeiten wir gerne mit systemischen Aufstellungen. Sie sind ideal, um zunächst eine aktuelle Momentaufnahme des „Problembilds“ sichtbar und erlebbar zu machen. Für jedes beteiligte Element werden anschließend in kürzester Zeit hilfreiche Erkenntnisse gewonnen, Lösungsoptionen ausprobiert und ein gemeinsames Lösungsbild entwickelt. 

Gestartet wird mit der Identifikation der relevanten Elemente. Hierzu benötigen wir Vertreter aller „Betroffenen“ und Sichtweisen. Glücklicherweise benötigen wir hier noch keine Einigung, jedem werden andere Elemente wichtig sein. Elemente sind übrigens keineswegs nur Menschen und Gruppen (Führungskräfte, Mitarbeiter, Abteilung X, Kunde), sondern wie in unserem Fall beispielsweise auch die „Angst vor Veränderung“, die „Schranken im Kopf“, das „Wie der Kommunikation“, die „nicht erfüllten Erwartungen/ Enttäuschungen“, die „Vielfalt der Möglichkeiten“, das „Wirklich Neue“ und die „Wertschätzung für das Erreichte“. Typischerweise sind dies Punkte, die in der Anfangsdiskussion häufig auftauchen. In diesem Fall gab es sogar die Möglichkeit, die Punkte anonym einzureichen. 

Zunächst wird ein Repräsentant für den Fokus gewählt. Er steht für die Perspektive, aus der jetzt gerade auf die Situation des Systems bzw. der Organisation geschaut wird. 

Und schon sind wir mitten drin in der Aufstellung. Bereits beim „Aufstellen“ ist die Körperintelligenz und das Gespür der Repräsentanten gefragt. Sie sind jetzt im wahrsten Sinne des Wortes in ihrem Element: „Besteht Klarheit über meine Position, wen sehe ich, wen nicht, fühle ich mich wohl, was stört mich, welche Veränderungen nehme ich wahr mit dem Aufstellen weiterer Repräsentanten bzw. ihren Aussagen etc.“ Die Ist-Situation wird so für alle sichtbar und die Dinge die ausgesprochen werden, sind häufig erschreckend offensichtlich und spiegeln erstaunlich deutlich die tatsächliche Situation der Organisation wider. 

Das „Wie der Kommunikation“ sagt: Ich bin eingeengt und nicht handlungsfähig; die Mitarbeiter stellen fest, dass die Führungskräfte ausschließlich auf die Vielfalt der Möglichkeiten schauen.

Beispielhafte Aufstellung „Problembild“:
Das Problembild ist häufig sehr ernüchternd und teilweise erschreckend und es erfordert Mut hinzuschauen und Dinge ehrlich auszusprechen. Glücklicherweise lebt unser Problembild und die Bedürfnisse jedes Elements werden geweckt: was bräuchte ich? Was würde mir gut tun? Was wünsche ich mir vielleicht von anderen Elementen? Je nach Situation kann nun entweder jeder Repräsentant schrittweise oder das System komplett selbstorganisiert und achtsam mit den anderen Elementen seinen Bedürfnissen nach Veränderung folgen- ein erstes Lösungsbild für einen sinnvollen nächsten Schritt entsteht. 

Beispielhafte Aufstellung „Lösungsbild“:

Auch im Lösungsbild verlangsamen wir und interviewen die Repräsentanten: wie sind sie bei ihrer Veränderung vorgegangen? Woran haben sie sich orientiert? Was ist jetzt besser? Manchmal wünschen sich oder brauchen die Repräsentanten für das Lösungsbild und die Veränderung auch weitere Elemente. Manchmal benötigen Elemente auch eine Handlung oder Aktion eines anderen Elements. Und manchmal wissen die Elemente auch nicht, was sie tun sollen. Dann lassen wir sie einfach ausprobieren, wo sie sich wohl fühlen. 

Wenn sich ein Lösungsbild eingependelt hat, hat jedes Element eine ganze Reihe an Leitlinien, möglichen Maßnahmen und nächsten Schritten, welche sich positiv auf das Gesamtsystem auswirken und weiß sehr genau was und wie es zu tun ist. Beispielsweise, dass alle die Vielfalt der Möglichkeiten sehen, oder dass für die Führungskräfte das „Wie der Kommunikation“ und die „Wertschätzung des Erreichten“ der Schlüssel zum Veränderungserfolg sind. Das hätten die Führungskräfte in unserem Fall auch davor nicht bestritten, aber die Wichtigkeit und Bedeutung wurde ihnen erst durch die Aufstellung klar. 

Ganz nebenbei entsteht durch die Beobachtungen, das Aussprechen und Zuhören tiefes Verständnis für die anderen Elemente des Systems. Was will man mehr? Wir lieben das Format so sehr, dass wir es einerseits für unsere offenen Case Work Termine für Fallgeber aus unserem Kundenkreis nutzen. Bisherige Fälle waren u.a.:
- Wie können wir unsere bisherigen Führungskräfte für hierarchiefreieres Arbeiten gewinnen?
- Was brauchen unsere Mitarbeiter an Informationen und Struktur um möglichst flexibel und eigenverantwortlich arbeiten zu können?
- Warum verlieren unsere Mitarbeiter das Interesse an Selbstorganisation?
- Wie können wir der Resignation unserer Mitarbeiter begegnen?
- Was sind nächste Schritte nach einer Übernahme/ Fusion, um eine gemeinsame Kultur zu erzeugen?

Zudem verwenden wir Aufstellungen auch für state-of-the-art Forschung: wie Organisationen gesund wachsen, attraktiv nach innen und außen sind, wie Selbstorganisation funktionieren kann und und und. Kommt doch einfach mal vorbei und experimentiert, erlebt und staunt mit uns.

Werden sie Case Owner oder kommen sie als Repräsentant zu unseren Terminen.

Wir freuen uns auf Sie!